Das Mittelspiel im Projektmanagement – Wenn Strategie auf Dynamik trifft
Im ersten Artikel dieser Reihe haben wir uns mit der Eröffnung beschäftigt. So wie im Schachspiel schon die ersten Züge über Erfolg und Misserfolg entscheiden können, ist auch im Projektmanagement die Planungsphase und das Setup von entscheidender Bedeutung. Fehler die hier gemacht werden, können im Mittelspiel nur mit großem Aufwand korrigiert werden. Nachdem die Eröffnung eines Projekts die grundlegenden Weichen gestellt hat, beginnt das Mittelspiel – die Phase, in der sich die eigentliche Dynamik entfaltet. In dieser Phase beginnt die Umsetzung und erste Ergebnisse werden sichtbar. Wie im Schach entscheiden in der Umsetzungsphase taktisches Geschick, Flexibilität und gekonnte Kommunikation über Erfolg oder Misserfolg.

Foto von Javier Ezpeleta
Warum das Mittelspiel entscheidend ist
Im Schach ist das Mittelspiel die Phase, in der Spieler versuchen, ihre Vorteile auszubauen, Angriffe vorzubereiten oder Verteidigungsstrategien anzupassen.
Im Projektmanagement entspricht dies der Zeit, in der erste Ergebnisse produziert werden, sich Herausforderungen abzeichnen und Kurskorrekturen notwendig werden. Projekte, die in dieser Phase an Agilität oder strategischer Steuerung verlieren, laufen Gefahr, in Ineffizienz, Budgetüberschreitungen oder Stakeholder-Konflikten stecken zu bleiben.
Oft sind nicht dieselben Manager mit der Umsetzung betraut, die auch die initiale Zieldefinition, Planung und den Setup zu verantworten hatten. Sie „erben“ die Fehler und die sich nun potenzierenden Probleme und stehen vor der Herausforderung, diese während des laufenden Projektes korrigieren zu müssen.
Häufige Herausforderungen und Fehler
- Mangelnde Flexibilität: In der Eröffnung wurde ein klarer Plan entwickelt, doch oft zeigt sich, dass Fehler gemacht wurden oder Rahmenbedingungen sich geändert haben. Ein Management, das stur an der Initialplanung festhält, kann auf neue Herausforderungen nicht reagieren.
- Ungenügendes Stakeholder-Management: Während in der Eröffnung Stakeholder eingebunden wurden, sind sie nun oft ungeduldig und erwarten erste Ergebnisse. Hier entstehen oft Reibungen, wenn Kommunikation und Erwartungsmanagement nicht aktiv betrieben werden.
- Ungleichgewicht zwischen Strategie und operativer Umsetzung: Einige Teams verlieren sich in Detailarbeit, während andere strategische Kurskorrekturen nicht ausreichend durchdenken. Beides kann dazu führen, dass sich das Projekt in unproduktiven Schleifen verstrickt.
- Mangelndes Risikomanagement: Während Risiken in der Eröffnungsphase identifiziert wurden, ist es im Mittelspiel essenziell, Risiken aktiv zu managen, Gegenmaßnahmen zu ergreifen und neue Bedrohungen zu antizipieren.
Das Mittelspiel eines Projekts – Lektionen aus dem Schach
Die ersten Züge in einem Schachspiel legen den Grundstein für den späteren Erfolg. Genauso ist es in einem Projekt: Wer die Eröffnungsphase nicht strategisch angeht und Fehler macht, wird später Schwierigkeiten bekommen. Wie bei der Eröffnung eines Schachspiels gelten auch das Setup eines Projektes Prinzipien, die Orientierung geben und helfen Fehler zu vermeiden:
1. Initiative ergreifen – Das Momentum nutzen
Im Schach ist es oft derjenige, der das Spielgeschehen bestimmt, der die besseren Siegchancen hat. Gleiches gilt im Projektmanagement:
- Wer erste Ergebnisse erzielt, schafft Vertrauen und reduziert Widerstände.
- Schnelle Erfolge (Quick Wins) sorgen für positive Dynamik und Motivation.
- Proaktive Kommunikation verhindert Unsicherheiten und hält das Team auf Kurs.
2. Figuren optimal nutzen – Ressourcen klug einsetzen
Im Schach ist es entscheidend, dass jede Figur im Spiel ihren bestmöglichen Platz findet. Im Projekt bedeutet das:
- Die richtigen Teammitglieder zur richtigen Zeit auf die richtigen Aufgaben setzen.
- Fokus von Budget und Ressourcen darauf, Engpässe zu minimieren.
- Transparenz und Dokumentation zur Vermeidung von doppeltem Aufwand
3. Opfer bringen, wenn nötig – Prioritäten richtig setzen
Im Schach kann es strategisch sinnvoll sein, eine Figur zu opfern, um eine bessere Position zu erreichen. Im Projektmanagement bedeutet das:
- Die eigentlichen Ziele des Projekts nicht aus dem Blick verlieren.
- Nicht jedem Stakeholder-Wunsch nachgeben, wenn er das Gesamtziel gefährdet.
- Aufmerksam analysieren, welche Kompromisse langfristig sinnvoll sind.
4. Den König schützen – Kritische Erfolgsfaktoren nicht aus den Augen verlieren
Im Schach ist der König die wichtigste Figur, die es zu schützen gilt. In Projekten bedeutet das:
- Die eigentlichen Ziele des Projekts nicht aus dem Blick verlieren.
- Regelmäßigen Austausch mit den relevanten Stakeholdern, um Feedback einzuholen, und Unterstützung und Alignment zu sichern.
- Blindflüge vermeiden durch effektives Controlling.
5. Taktik anpassen – Agil bleiben
Kein Schachspiel verläuft exakt nach Plan, und das gilt auch für Projekte. Erfolgreiche Teams:
- Passen ihre Strategie an, wenn sich Rahmenbedingungen ändern.
- Nutzen wo erforderlich agile Methoden, um flexibel zu bleiben.
- Stellen sich auf neue Risiken und Chancen ein, anstatt starr am Ausgangsplan festzuhalten.
6. Das Endspiel vorbereiten – Den Übergang richtig gestalten
Schon im Mittelspiel sollte man das Endspiel im Blick haben. In Projekten heißt das:
- Frühzeitig auf Abnahme- und Abschlussprozesse vorbereiten.
- Sicherstellen, dass alle Ergebnisse dokumentiert und übertragbar sind.
- Klare Exit-Strategien definieren, um Übergänge effizient zu gestalten.
- Und vor allem: Nur wer vom Ende her denkt, kann ein Projekt strategisch auf der Gewinnspur halten.
Das Mittelspiel ist die dynamischste und unübersichtlichste Phase eines Projekts. Hier entscheidet sich, ob ein vielversprechender Start in einen erfolgreichen Abschluss mündet oder ob das Projekt ins Straucheln gerät. Wer Initiative ergreift, Ressourcen optimal nutzt, strategisch agiert und auf Veränderungen flexibel reagiert, wird mit hoher Wahrscheinlichkeit in eine starke Endspielposition kommen. Genau darum wird es im nächsten Artikel gehen.
Wie läuft Ihr Projekt wirklich?
Ein guter Start, eine solide Strategie im Mittelspiel und ein souveränes Endspiel entscheiden über Erfolg oder Misserfolg. Doch oft werden entscheidende Fehler erst erkannt, wenn es fast zu spät ist.
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